YourStyle Frühling 2014 - page 6

Style 6
Anne Liebler, ”die Hobbyschneiderin“ im Gespräch
mit Stefanie Loos, Gewinnerin des 2. Platzes im
PFAFF
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Nähtalentwettbewerb 2013 mit Guido
Maria Kretschmer.
Altes weiter zu verwerten ist für mich
eine Wertschätzung der Handwerkskunst
Hallo Steffi, du hast im vergangenen Jahr
am PFAFF
®
Nähtalent Wettbewerb teilge-
nommen und den 2. Platz gemacht. Deine
Tasche fand ich bemerkenswert. Wir haben
uns am Abend der Preisverleihung ken-
nengelernt und nun freue ich mich, mit Dir
plaudern zu dürfen. Wie hattest Du erfahren,
dass PFAFF
®
und Guido Maria Kretschmer
das Nähtalent 2013 suchten und warum hast
Du Dich entschlossen, daran teilzunehmen?
Ich bin auf der Webseite des CUT-Magazins
auf die Ausschreibung gestoßen. Da ich
schon häufig Taschen für Freunde und mich
selbst genäht habe, dachte ich mir, ich könnte
ja mitmachen.
Das Thema war „Tasche nähen“. Ist das ei-
nes Deiner Lieblingsthemen?
Absolut. Ich mache gerne praktische Dinge,
die man auch tatsächlich benutzen kann.
Und Taschen kann eigentlich jeder gebrau-
chen. Ich habe schon die unterschiedlichs-
ten Varianten ausprobiert. Von der simplen
Einkaufstasche bis hin zu Einhängetaschen
Ich benutze dabei eigentlich nie gekaufte
Schnittmuster, sondern entwerfe jede Tasche
neu fürs Fahrrad.
Deine Tasche ist aus einem Herrenanzug ge-
macht. Wie kamst Du auf eine so ungewöhn-
liche Idee?
Ich wollte für den Wettbewerb etwas Aus-
gefallenes machen und habe erst mal viel
überlegt, verschiedene Ideen entwickelt und
wieder verworfen. Eine Idee war beispiels-
weise einen ”Friesennerz“, also eine gelbe
Regenjacke, in eine Tasche zu verwandeln.
Eine andere war, eine bestickte Filztasche
aus einer alten, zu heiß gewaschenen Woll-
decke. Aber dann bin ich beim Trödler über
drei Sakkos gestolpert, die in ihrer Farbge-
bung und Stoffqualität gut zusammenge-
passt gepasst haben. Ich habe zwar schon
früher Sakko-Taschen gemacht, aber das
waren immer Umhängetaschen, die vor al-
lem praktisch waren, aber für den Wettbe-
werb wollte ich gerne eine etwas extrava-
gantere Variante entwerfen. Ich finde Sakkos
wahnsinnig interessant. Es ist ein sehr nor-
miertes, klassisches Kleidungsstück, das so
etwas Förmlich-offizielles hat. Anhand der
charakteristischen Details wie Revers und
Pattentaschen lassen sie sich leicht iden-
tifizieren. Und wenn diese Details in einem
ganz anderen Zusammenhang auftauchen,
hat das immer noch etwas förmliches, aber
ist auch gleichzeitig irgendwie verdreht. Ins-
gesamt habe ich sicher zwei Wochen an der
Tasche getüftelt, insofern ist sie gleichzeitig
Prototyp und Endprodukt.
Wann hast Du mit dem Nähen angefangen
und womit?
Ich komme aus einer Bastel-Familie. Meine
Oma und meine Mutter haben immer schon
Handarbeiten gemacht und auch mein Vater
konnte mit der Nähmaschine umgehen. Mei-
ne Eltern haben diese Selber-Mach-Haltung
auch gefördert. Ich weiß noch, wie ich mir
mit sechzehn Jahren einen Lederrucksack
gewünscht habe. Der Weihnachtsmann hat
dann allerdings nur ein riesiges Lederstück
gebracht, den Rucksack sollte ich mir selbst
nähen. Damals war ich, offen gestanden,
darüber nur mäßig erfreut. In der Schule
hatte ich Hauswirtschaftsunterricht. Neben
Kochen und Ernährungslehre standen dort
Nähen und Stricken auf dem Lehrplan. Ohne
Zweifel meine Lieblingsfächer. Wir haben da-
mals mit fertigen Schnittmustern gearbeitet,
etwas, das ich heute gar nicht mehr mache.
Wenn ich Kleidung nähe, greife ich haupt-
sächlich auf gebrauchte Kleidungsstücke zu-
rück, die ich dann umarbeite. Aus Alt mach
Neu, das reizt mich.
Im Weblog von PFAFF
®
konnte man nach
der Preisverleihung die Taschen sehen, die
gewonnen hatten. Es gibt ein Foto, auf dem
Guido Maria Kretschmer Deine Tasche ganz
genau ansieht und auch trägt. In seiner Rede
sagte er, dass Deine Tasche der Favorit sei-
ner Assistentin gewesen ist. Ist das auch für
Dich Lohn und Ansporn?
Was soll ich sagen? Ich kriege heute noch
jedes Mal Gänsehaut, wenn ich mir dieses
Foto und die Videobotschaft ansehe. Eigent-
lich sollte ich das immer, wenn ich schlechte
Laune habe, tun, denn das ist die perfekte
Glücksdroge für mich.
Möchtest Du uns etwas über Deine Näher-
fahrungen erzählen?
Wenn ich nähe, benutze ich eigentlich nur
gebrauchte Stoffe. Ich habe schon als Teen-
ager den Kleiderschrank als Material-Res-
source genutzt und Stoffe zweckentfremdet,
indem ich alte Bettlaken zu Sommerhosen
und Wickelröcken verarbeitet habe. Damals
hatte das vor allem mit dem begrenzten
Taschengeld zu tun. Inzwischen finde ich,
dass einfach vielmehr dafür spricht, Altes
weiter zu verwerten und als neuen Rohstoff
zu verbrauchen. Dabei geht es gar nicht
nur um Umweltschutz. Für mich liegt dar-
in auch eine Wertschätzung der Mühe und
Interview
Stefanie Loos mit ihrer PFAFF
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Nähtalent Gewinnertasche
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